
Am 15. November hatten wir unser zweites Treffen im Book Club, bei dem wir das Buch „Die Tochter“ von Goricha Sernia gelesen haben. Zu Beginn haben wir einstimmig die Sprache der Autorin bewundert, die melodisch und reich an Wortschatz ist. Besonders beeindruckend war der Aufbau des Buches: Jedes Kapitel trägt den Namen eines bestimmten Steins oder Materials, was eine poetische und symbolische Verbindung zur Geschichte schafft. Diese kreative Struktur fügte sich wunderbar in den Kontext des Donbass, der als Metallgebiet bekannt ist. So gibt es eine sehr schöne Verbindung zwischen den Kapiteln und den ausgewählten Materialien. Zum Beispiel wurde im Kapitel, das von etwas Positivem und Schönem erzählt, der Stein Kristall oder auch Silber und Gold verwendet. Das Kapitel, das eine traurige und schwierige Situation beschreibt, trug die Namen Anthrazit, Glas oder Emaille. Diese Symbolik erzeugte eine tiefere Bedeutung und verstärkte die Wirkung der einzelnen Kapitel. Alle Teilnehmer des Buchclubs waren sich einig, dass das Buch wirklich wunderschön geschrieben ist. Für einige war es jedoch schwer, ein Buch über den Krieg zu lesen, besonders über den Krieg, der immer noch andauert. Dennoch hat das Buch viele neue Perspektiven auf den Krieg eröffnet. Während wir in den Nachrichten ständig von den Geschehnissen hören und Geschichten von Menschen sehen, die uns einen Überblick verschaffen, ermöglichte uns das Buch, die persönlichen Erlebnisse der Menschen im Donbass zu verstehen – einem Gebiet, das seit über zehn Jahren unter russischer Besatzung leidet. Wir konnten durch die Augen der ukrainischen Protagonisten erleben, was der Krieg für sie bedeutet und wie sie ihn auf persönlicher Ebene durchleben. Es freute uns sehr zu hören, dass das Buch bald auf Deutsch übersetzt wird. Wir können es nun mit Freude unseren Freunden und Nachbarn als Geschenk empfehlen oder einfach vorschlagen. Das Buch war kaum aus der Hand zu legen, da ständig neue Ereignisse und Wendungen die Spannung aufrechterhielten. Im Vergleich zur Autorin, die in Interviews ruhig und nachdenklich wirkt, ist die Hauptfigur des Buches sehr aktiv und ständig in Bewegung. Trotz der schmerzhaften Momente, die das Buch aufzeigt, brachte es uns eine positive Stimmung. Es vermittelte die Botschaft, dass das Leben weitergeht und dass es kein endgültiges Ende gibt. Obwohl der Krieg nach 2022 auf andere Teile der Ukraine übergegriffen hat und nach wie vor keine Aussicht auf ein Ende besteht, regte das Buch uns dazu an, über die Zukunft und das Weiterleben nachzudenken. Was einst in Donezk geschah, ist mittlerweile auch in vielen anderen Teilen der Ukraine Realität. Das Buch erinnerte uns daran, dass der Krieg nicht nur ein abstraktes Ereignis ist, das in den Nachrichten gezeigt wird, sondern eine direkte, menschliche Erfahrung, die das Leben der Menschen auf tiefgreifende Weise beeinflusst.